OOBT-017: Out of the Box-Touren – Beitrag 017
Der zweite Tag könnte besser nicht beginnen: Nämlich mit einem Hausbrandt-Kaffee und frischem Brot vom Bäcker nebenan. Das gibt Kraft und es gibt Mut. Mut für die Entscheidung über die Streckenwahl ab Pontebba.
Von dort aus möchten wir eine Passstraße über den „Passo del Cason di Lanza“ nehmen, wissen aber nicht, ob diese asphaltiert ist und wollen uns eine zweite Erfahrung à la Crna ersparen. Das Tagesziel liegt nämlich mit Cortina d’Ampezzo ambitionierte 190km und vorab errechnete rund 4.000 Höhenmeter entfernt. Und erlaubt daher keinen weiteren Irrtum mit einer derartigen Zeitverzögerung. Mutig nehmen wir uns daher vor, es trotzdem wieder darauf ankommen zu lassen, aber umzukehren, falls sich die Straße erneut als Waldweg entpuppt.
In Pontebba angelangt und orientiert an einer örtlichen Wander- und Radkarte erkennen wir, dass der Passo di Lanza tatsächlich fahrbar und asphaltiert sein müsste. Und genau so ist es. Allerdings: Der Lanza ist nicht nur fahrbar. Er ist wunderbar.
Das Sträßchen zieht sich zunächst von Pontebba aus an einer Ache entlang in ein wunderschönes alpines Seitental hinein. Und gerade als man befürchtet, dass die Straße mit dem Tal endet, sticht diese die rechte Bergflanke hinauf. Serpentine für Serpentine zieht sich das Asphaltband, das nicht breiter als ein Radweg ist, im Wald empor. Zunächst steil. Dann immer steiler. Streckenweise sehr steil. Und ganz oben extrem steil. So extrem, dass ich mir Sorgen um die entgegenkommenden Motorradfahrer mache, die uns sehr zügig passieren und denen ich ernsthaft wünsche, dass sie nicht abstürzen.
Einzigartig auch der Blick von oberhalb der Waldgrenze zurück das Tal hinaus in Richtung Pontebba und dahinter in die slowenischen Alpen hinein.
Auf der Passhöhe eine Überraschung,. Motto: Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Nämlich damit nicht, dass es auf dem Lanza im Jahr 2013 eine Bergankunft des Giro gab. Allerdings von der anderen Seite des Berges, von Paularo aus. Denn: Von Pontebba aus wäre es für den Fahrzeugkonvoi des Giro-Trosses wohl tatsächlich unmöglich, den Rennfahrern auf den Lanza zu folgen.
Wobei: Der Anstieg muss für den Tross auch von der Paularo-Seite aus eine echte Herausforderung darstellen. Denn während der Anstieg alle unsere Kräfte fordert, fordert die ebenfalls ordentlich-steile Abfahrt mit unzähligen Wasserrinnen all unsere Konzentration. Glücklicherweise halten die Scheibenbremsen der Schwerkraft stand und somit steht einer ersten ausgiebigeren Rast in Paularo nichts im Wege. Diese genießen wir in einer klassischen Einheimischen-Bar direkt an der Strasse, in der ich aufgrund meines Rosa-Trikots vom Thekengast gleich als Vinzenco Nibali angesprochen werde. Kein Wunder, dass ich es nicht eilig habe, die Fahrt fortzusetzen…