OOBT-015: Out of the Box-Touren – Beitrag 015
Das erste Hochgefühl. Und das schon nach zweieinhalb Stunden in Crna. Die Zutaten: Sonne, ein herrlicher Illy-Espresso, gemütliche Sommermöbel und ein wunderbares Gebirgstal auf der Südseite der Petze. Wir checken kurz die Route und sind uns sicher. Von hier aus erwartet uns ein landschaftlich schönes Seitental, dann ein kurzer Anstieg und schon sind wir drüben in den Steiner Alpen beim Paulitschsattel. „Mittagessen in Bled“, meint Davide als wir losrollen. Und ich stelle mir unser dortiges „Stammcafé“ am See vor, in dem wir schon im vergangenen Herbst auf unserer Fahrt nach Tarvis pausierten.
Irrtum, belehrt uns gleich darauf das tatsächliche Gelände. Die vermutete Asphaltstrasse hinüber zum Paulitschsattel endet kurz hinter der Ortschaft Crna. Das Tal wird immer enger. Der Wald dichter. Den Himmel erahnen wir nur mehr hinter dichtem Gehölz. Das Navi meint: Sie haben die geplante Route verlassen.
Unsicherheit überkommt uns. Allein der Instinkt leitet uns und sagt: die Richtung stimmt. Und so bleiben wir auf dem Weg. Das Motto: So lange es einen Weg gibt, kehren wir nicht um. Der kurze Anstieg entpuppt sich als veritabler Pass, der uns auf einem Schotter- und Waldweg von 500 auf 1.200 Meter Seehöhe führt. Nach jeder Kehre begleitet vom Unbehagen, dass dieser in einem entlegenen Hof oder schlichtweg im Nirgendwo endet.
Bären und Wölfen sind wir ehrlicherweise nicht begegnet. Aber sie waren bestimmt nicht weit weg. Denn: Wo, wenn nicht in diesem entlegenen Tal zwischen Petze und Steiner Alpen in Nordslowenien sollen die sich aufhalten? Nirgendwo sonst haben sie eine derartige Ruhe.
Die Gewissheit und das zweite, noch deutlich größere Hochgefühl überkommt uns, als wir nach einer guten Stunde plötzlich auf einer Lichtung landen, auf der vier Schotterstraßen zusammenkommen und wo uns eine Orientierungstafel endlich verrät, wo wir uns tatsächlich befinden. Ein paar Meter weiter eröffnet sich ein Blick, den ich nie vergessen werde. Über Wälder und Täler hinweg nach Westen in Richtung Steiner Alpen und in Richtung Nordwesten nach Kärnten hinein. Die unbewohnte, entlegene Naturarena weckt Erinnerungen an Bilderbuchlandschaften in Kanada. Doch das Gute ist, dass sich diese Arena direkt vor unsere Haustüre befindet. Da macht es auch nichts, dass sich das Mittagessen in Bled ganz sicher nicht ausgehen wird.